Saalfelder Familie Kraft: Es gibt ein Leben nach dem Ostereierbaum

Jahrzehnte hängten Christa und Volker Kraft bis zu 10.000 Ostereier an einen Apfelbaum – 2015 war damit Schluss.

Thüringer Allgemeine vom 14. April 2017

Saalfeld. Volker Kraft erinnert sich genau an den Moment. Im vierten Jahr hintereinander hatten er und seine Frau Christa den Apfelbaum in ihrem Garten in Saalfeld mit genau 10.000 bunt und kreativ gestalteten Ostereiern behängt. Tausende Besucher aus aller Welt standen am Gartenzaun, dazu Journalisten und Fernsehteams. Für 50 Jahre durchgehendes Ostereierbaum-Schmücken kam das Ehepaar sogar ins Guinnessbuch der Rekorde.

Doch irgendwann musste Schluss sein. Es wurde zu viel, den Krafts fehlte die Kraft zum Weitermachen. Ein letztes Mal nahmen sie die Schmuckstücke wieder ab, einzeln und vorsichtig, so wie sie sie bemalt, gestaltet und auch aufgehängt haben, mit einer liebevollen Engels-Geduld. Und dann hing da nur noch ein einziges Ei. Das letzte Ei vom letzten Eierbaum und Volker Kraft dachte, gleich würde die Wehmut über ihn hereinbrechen.

Das Clinton-Holzei blieb natürlich in der Familie.

Immerhin sind sie berühmt geworden mit ihrer „Macke“, wie Christa Kraft diese spezielle Leidenschaft lachend nennt. Volker Krafts Bruder arbeitet in Amerika. Dort hieß es, „hör mal, das gibt in Deutschland einen Eierbaum-Mann, der heißt genauso wie du!“ Die staunenmachende Antwort: „Ja, das ist mein Bruder!“ Und nun das letzte Ei! Als Volker Kraft es nach Ostern 2015 vom Baum genommen und verstaut hatte, „ist mir eine riesige Last von den Schultern gefallen“, bekennt der 81-Jährige. Er sitzt neben seiner Frau in der gemeinsamen Saalfelder Wohnung auf dem Sofa, streckt zufrieden die Beine aus, atmet tief durch und sagt schmunzelnd: „Niemand kann sich vorstellen, was das für eine Arbeit ist!“ Seine Bilanz nach Stiften dieser besonderen Weltrekord-Tradition: „Es waren schöne und entbehrungsreiche Jahre.“ Geplant war das alles ja nicht, „wir haben das für unsere Kinder gemacht“.

Dass sie da irgendeinen Nerv der Menschen getroffen haben, erfuhren sie von ihren Gartennachbarn. Als sie eines schönen Nachmittags in der Straße Auf den Rödern eintrafen, standen da dutzende Schaulustige. Die Gartennachbarn aber winkten nur ab: „Ihr müsst mal vormittags in euren Garten kommen. Ihr wisst gar nicht, was hier Vormittags erst los ist.“ In den Spitzenzeiten am Wochenende hieß es im Verkehrsfunk nur lapidar, „in Richtung Ostereierbaum ist alles dicht“. All die Jahre hat Volker Kraft seinen Geburtstag unterm Eierbaum verbracht. In diesem Jahr war das anders, die Kinder schenkten ihm eine Reise nach Dresden. Aus dem Hotelfenster blickte das Ehepaar auf die rekonstruierte Frauenkirche, die sie noch als Schutthaufen in Erinnerung haben. Beide schwärmen von Dresden, von dieser Fahrt, und stellen fest: Es gibt ein Leben nach dem Ostereierbaum!

Beide sind froh, dass die Tradition fortgeführt wird. Beworben hatten sich mehrere Interessenten, auch aus anderen Städten. Die Krafts aber wollten, dass der Ostereierbaum in Saalfeld bleibt. So erhielt Uwe Gerstenberg, der Wirt des Restaurants „Das Loch“ in der Saalfelder Einkaufsmeile die Ehre, das Vertrauen – und die Arbeit.

Gerstenberg erhielt über 9000 der auf jede erdenkliche Art geschmückten Ostereier der Familie Kraft. Tapfer organisiert Gerstenberg fortan das Behängen des Ostereierbaum, 2016 im Schlosspark, 2017 in der Blankenburger Straße. Ein paar hundert Eier behielt die Tochter der Krafts. Es sind die mit besonderem persönlichen Wert. Dazu gehört natürlich auch das US-Holzei, persönlich signiert von Bill und Hillary Clinton.

Guido Berg / 14.04.17

 

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