Ostern 2024: Osterwerkstatt der Familie Scholz bleibt wegen Krankheit geschlossen

Von Marita Scholz, Langenwetzendorf/Jena; Ende Januar 2024

 

Liebe Besucher:innen und Freund:innen des Osterparks,

wer unsere Website kennt, wird es vielleicht schon bemerkt haben, dass es dieses Jahr anders ist als all die anderen Jahre – nämlich stiller. Es prangt kein „Es geht wieder los“ auf der Startseite und es gibt auch keine Einblicke hinter die Kulissen. Das hat seine Gründe: Es ist das eingetreten, wovor wir uns in den vergangenen Jahren immer gefürchtet haben: die Gesundheit spielt nicht mit.

Deswegen muss ich Euch heute leider mitteilen, dass wir Ostern 2024 nichts aufbauen können. Die Osterhasenwerkstatt von Familie Scholz bleibt 2024 wegen Krankheit komplett geschlossen. Im Park wird von uns NICHTS zu sehen sein – kein Ei, kein Hase und auch kein Huhn.

 


 

Jedes Leben läuft nach einem ganz individuellen Drehbuch ab. Man könnte es auch als Vorbestimmung oder Schicksal bezeichnen.

John Lennon sagte einmal: „Leben ist das, was passiert, während du andere Pläne machst.“

Und ich muss ganz klar festhalten: Ja, auch wir hatten uns das eigentlich anders vorgestellt. Bis zum Sommer 2023 wollten wir uns im Rahmen der bunten Mitmach-Oster-Wiese engagieren und dafür zumindest die Osterhasenschule noch einmal restaurieren. Und vielleicht wäre auch die Kaffeetafel in die Kur gekommen. Aber dann zwickte mein Knie und es wollte nicht besser werden.

Ein Arztbesuch im Juli startete beim Orthopäden und endete beim Onkologen. Ich erhielt die Diagnose Plasmozytom/Multiples Myelom, eine Form von Blutkrebs. Von einem Tag auf den anderen geriet das Leben aus den Fugen. Die Prognose ist gut, doch die Krankheit bleibt tückisch. Die Veranlagung zum Blutkrebs wird mich mein restliches Leben lang begleiten. Aber dank des medizinischen Fortschritts kann man die Krankheit beherrschen und so wird das Plasmozytom hoffentlich zu einer chronischen Erkrankung – ganz ähnlich wie bei Diabetes oder Bluthochdruck. Doch der Weg dahin ist lang. Das komplette Arsenal der Schulmedizin muss aufgefahren werden: Mehrere Zyklen Chemotherapie und am Ende steht eine Stammzellentransplantation, bei der mir meine eigenen Stammzellen zurückübertragen werden. Die Hoffnung ist, so das Plasmozytom schlafen zu schicken und dank engmaschiger Kontrolle noch viele schöne Jahre herauszuschlagen. Das alles ist kein einfacher Weg – weder physisch noch mental, aber das Schlimmste liegt hoffentlich hinter mir und ich befinde mich auf der Zielgeraden.

Ich möchte mich an der Stelle bei allen Menschen bedanken, die in den letzten Wochen und Monaten Anteil genommen und mir die Daumen gedrückt haben. „Gute Besserung! Durchhalten! Kopf hoch! Das wird alles wieder!“ Die guten Wünsche und der mutmachende Zuspruch haben die Hoffnung und Zuversicht in mir gestärkt.

Eine jede Krebserkrankung verändert den Menschen. Die Perspektiven wandeln sich und man lernt zudem noch ganz andere Schicksale kennen. Auch ich muss lernen, mit „Plasmo“ zu leben, mit ihm umzugehen und seine Auswirkungen zu akzeptieren. Unsere Familie hat sich aber nicht nur mit der Krankheit auseinandergesetzt, sondern sich auch intensiv Gedanken um unser österliches Engagement gemacht.

Ich wusste immer, dass es kaum eine Möglichkeit gibt, den Staffelstab für das Osterpark-Projekt in diesem Umfang in andere Hände weiterzugeben. Für unsere Familie ist der Arbeitsaufwand aktuell nicht mehr leistbar. Durch die Stammzellentransplantation, bei der das blutbildende System und damit auch das Immunsystem komplett neu gestartet wird, existieren zudem eine Reihe von gesundheitlichen Risiken. So muss ich mich beispielsweise vor Staub, Schimmelsporen, Stress und Kälte in Zukunft sehr in Acht nehmen. Genau das gehört aber teilweise zum „Oster-Geschäft“ mit dazu. Ich kann und will dieses Risiko nicht eingehen. Das wäre unverantwortlich.

So logisch das alles ist, dennoch fiel uns die Entscheidung nicht leicht, denn wir haben viel Liebe, Energie und Herzblut in den Osterpark gesteckt. Letztlich hat alles seine Zeit und wo etwas aufhört, besteht auch immer die Chance, dass sich Neues entwickelt. So wird es hoffentlich auch in Langenwetzendorf sein. Es soll bereits viele kreative Ideen rund um die Osterkrone im Park geben. Die Initiativen konnten sich aber bisher nicht verwirklichen, weil durch unsere Aktivitäten der Raum dazu fehlte. 2024 kann die Umsetzung nun problemlos starten, denn der Weg ist frei. All die aufgestaute künstlerische Energie kann sich frei entfalten bei der bunten Mitmach-Oster-Wiese. Das kann spannend werden und für viele neue Eindrücke, Erlebnisse und Erkenntnisse sorgen.

Ich möchte zudem die Gelegenheit nutzen und mich bei allen Gästen und Besucher:innen für die Anerkennung und das große Interesse am Osterpark bedanken. Das war uns immer Belohnung und Ansporn zugleich. Eure Spenden für den Osterpark sind in all den Jahren vielen sozialen Projekten zu Gute gekommen und haben dort für ein Lächeln gesorgt. Auch dafür sagen wir hier nochmals explizit DANKESCHÖN!

Ich möchte mich auch bei meiner Familie für die Unterstützung bedanken. Mir ist bewusst, dass wir uns oft an der Grenze des Zumutbaren bewegten. Ich hatte während meiner Erkrankung viel Zeit und habe mir oft unsere Osterbücher angesehen. Sie halten als Chronik in Tausenden Bildern die Aktivitäten rund um die Langenwetzendorfer Osterbrunnen fest. Es ist schon erstaunlich, was sich in über 20 Jahren alles entwickelte. Das musste sowohl in der Instandhaltung als auch im Auf- und Abbau mit Deadline und Wetterkapriolen immer bewältigt sein. Vieles entstand spontan, denn einen echten Masterplan gab es nicht. Die größte Veränderung brachte uns die Einhaltung des Coronaabstandes 2021. Die gesamte Parkrunde zu nutzen, wurde sehr gut angenommen. Am Ende fügte sich meist alles wunderbar zusammen und es war, als wäre es schon immer genauso und niemals anders gewesen.

Ich danke Monique für so manch verrückte Idee, für ihre organisatorischen Einfälle bei der Materialbeschaffung und ganz besonders für das stets ehrliche und konstruktive Feedback. Sie hat zudem viel Zeit in die Bilddokumentation und Kartengestaltung investiert, die unsere finanzielle Lage verbesserte und so die Umsetzung vieler Ideen ermöglichte.

Ich danke ebenso meinem Mann für seine unendliche Geduld, aus unseren vagen Beschreibungen und Skizzen immer eine gut durchdachte handwerkliche Umsetzung zu basteln. Bereitwillig hat er über die Osterzeit den Aufgabenbereich des „Park Facility Managers“ (zu deutsch: Park-Hausmeister) übernommen und sich zudem zum Gästebetreuer weiterqualifiziert, der stets ein paar interessante Fakten und die eine oder andere lustige Anekdote zu berichten wusste.

Ich mag den Frühling, wenn mit seinen Farben das Jahr neu startet. Ich habe die kreative Arbeit am Osterprojekt genossen. Natürlich hat auch die anstrengende, schmutzige Arbeit, die teilweise hinter den Kulissen in der Werkstatt oder im Schuppen stattfand, mit dazugehört. Schließlich will alles Schöne erst erschaffen sein.

Ich kann mir vorstellen, dass es von den Kindern viele Fragen nach dem Warum geben wird. Wir Erwachsene werden gute Antworten darauf finden müssen. Die Wahrheit gehört dazu. Auch der Osterhase und seine Helfer sind vor Krankheit leider nicht gefeit.

Was mit den ganzen österlichen Dekosachen geschehen soll, darauf werden wir zu gegebener Zeit eine Antwort finden. Wenn andere Osterprojekte aus nah und fern hier Interesse bekunden, etwas zu übernehmen und in ihr Ensemble zu integrieren und somit weiternutzen wollen, können sie sich jederzeit gerne per Mail an uns wenden. Wir finden bestimmt eine gute Lösung für alle Seiten.

So bleibt nur noch eine Frage: Was machen wir drei mit der vielen freien Zeit? Ich konzentriere mich aufs Gesundwerden und dann gibt es ja noch Familie, Haus, Hof und Garten. Langweilig wird uns nicht. Wir pusten zudem immer noch Eier aus, das steckt so in uns drin. Die Präzision des sorbischen Eierbemalens fasziniert mich seit vielen Jahren. Hier bin ich noch weit von der Kunstfertigkeit der sorbischen Meister entfernt und muss noch viel üben und ausprobieren. Auch die ukrainische Variante „Pysanka“ ist wunderschön, aber fast noch komplizierter. Zu lernen gäbe es also noch so viel.

Doch aktuell macht mir ein Taubheitsgefühl in den Fingerkuppen große Sorgen. Es ist Teil der Krankheit bzw. Folge der Chemotherapie. Ob es so bleibt oder sich im Laufe der Zeit wieder bessert, ist aktuell nicht absehbar. Aber im Moment beeinträchtigt es meine Feinmotorik. Zufriedenstellende Ergebnisse dauern länger und kosten mehr Nerven. Dennoch schadet es nie, sich an Künstlern zu orientieren, die besser sind als man selbst. Nur so kann man sich weiterentwickeln und ich werde dranbleiben, indem ich weitere „EGGSperimente“ unternehme und die verschiedenen Ostereier-Techniken ausprobiere. Und dann werden wir sicherlich auch – sofern es die Gesundheit zulässt – unsere „österlichen Reisetätigkeiten“ wieder aufnehmen und die Osterbrunnen in Deutschland besuchen. Da hat sich in den letzten Jahren so einiges entwickelt. Wir möchten die Hotspots gemeinsam erkunden und dabei die österliche Atmosphäre genießen.

Ich verabschiede mich mit dem alten Osterhasengruß: Bleibt gesund und haltet die Ohren steif!

 

Eure Marita

(Große Teile des Briefes sind in der Uniklinik in Jena auf der Onkologie-Abteilung entstanden, während die letzte Chemotherapie durchlief und viel Zeit war. Die Tage bis zur Stammzellentransplantation mussten überbrückt werden.)